Menschen aus Hamburg – Harald Miersch

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Jeden Tag gestalten Menschen wie “du und ich” ihr und unser Leben in Hamburg – sei es im Job, über ehrenamtliche Tätigkeiten oder einfach durch ihre Arbeit, bzw. ihre Präsenz. In diesem Interview stelle ich Ihnen Harald Miersch vor. Harald ist 37 Jahre alt. Er wurde in Hannover geboren und lebt seit 18 Jahren in Bramfeld.

Harald, was machst du beruflich?

Zurzeit arbeite ich als 1-Euro-Jobber bei der Alraune gGmbH.

Wie bist du dort gelandet?

Bei Alraune bin ich gelandet, weil ich als Parkinson-Kranker zwar nicht alles machen kann, aber auch nicht auf der faulen Haut liegen möchte, da mir zu Hause sonst die Decke auf den Kopf fällt. Also habe ich beim Arbeitsamt gezielt nach einer Möglichkeit gefragt, in meinem Leben noch ein bisschen was zu machen!

Was hast du gelernt?

Gelernt habe ich mal Technischer Zeichner, musste aber aus gesundheitlichen Gründen frühzeitig abbrechen. Danach habe ich 1,5 Jahre Groß- und Außenhandelskaufmann gelernt, was ich aus familiären Gründen ebenfalls abgebrochen habe.

Wie denkst du über 1-Euro-Jobs?

1-Euro-Jobs sollten nur als Sprungbrett für den ersten Arbeitsmarkt genutzt werden. Ich fände es sinnvoller, daraus Stadtteilbezogene Teilzeitjobs zu machen. Dann sollte man 1-Euro-Jobs nur noch an diejenigen vergeben, die wirklich Arbeiten wollen aber im ersten Arbeitsmarkt nicht mehr können – egal, ob altersbedingt oder wegen Krankheit!

Was ist mit den anderen?

Die sollte man gezielt in andere Projekte stecken, wo sie mehr gefördert werden und vielleicht noch eine Umschulung bekommen!

Was sind deine Ziele?

Da ich Dank meiner Krankheit keine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt habe, würde ich mich freuen, wenn ich in absehbarer Zeit einen Job im Gartenbau bekommen könnte.

Wann hast du Parkinson bekommen?

Mit dem 14. Lebensjahr, wobei ich 20 Jahre lang nicht wusste, dass es Parkinson ist. Entweder wollte mir das kein Arzt sagen, oder sie haben keine Lust gehabt, zu erforschen, woher das Zittern kommt!

Bekommst du dagegen Medikamente?

Gegen die parkinsonsche Krankheit gibt es zur Zeit leider immer noch kein Mittel, das wirklich hilft, daher versuche ich mein Leben noch ohne Tabletten zu meistern. Ich möchte außerdem kein Versuchskaninchen der Pharmaindustrie sein.

Wie ist die medizinische Versorgung von 1-Euro-Jobbern?

Bei uns 1-Euro-Jobbern ist das so, dass wenn wir krank sind, auch kein Geld bekommen, was für mich heißt, dass wir nur ausgebeutet werden. Wenn ich einen Arbeitsunfall habe, zahlt mir das keiner. Ich könnte mich ja mal mit einem Freischneider verletzen oder mir haut einer mit einer Heckenschere ins Bein – und ich bekomme trotzdem kein Geld? In meinen Augen ist das Ausbeutung.

Wo siehst du Hamburgs Stärken?

Hamburg ist eine sehr schöne, weltoffene und vor allem sehr grüne Stadt.

Wo hat Hamburg Schwächen?

Hamburg ist immer noch zu dreckig und hat Defizite in der Sozialpolitik einzelner Stadtteile. Hätte ich die Chance, würde ich manchen Leuten gerne mal erzählen, wie es den Menschen am Rande der Gesellschaft wirklich geht! Egal, welche Partei ihr Wahlprogramm sozial ausrichtet, es passiert nicht wirklich viel. Eher werden Stellen, auf die Leute wie ich angewiesen sind, gestrichen.

Wird in Hamburg zu viel Geld für die falschen Dinge ausgegeben?

Hamburg gibt unnützes Geld für eine Elbphilharmonie aus, die am Ende nur für die Oberklasse geschaffen wurde. Ein normal Arbeitender wird sich da vermutlich nicht mal ‘ne Eintrittskarte leisten können.

Hättest du gern mehr Möglichkeiten, das Leben und die Bedingungen in Hamburg aktiv mit zu gestalten?

Ich würde es sehr begrüßen, wenn man den Politikern mal seine Meinung sagen könnte und man mehr Mitspracherechte bei manchen sozialpolitischen Problemen hätte – z. B. durch Bürgerbefragungen oder Abstimmungen!

Welcher Partei gibst du warum deine Stimme?

Zurzeit gibt es keine Partei in Deutschland, die wirklich das umsetzen kann, was sie verspricht und darum gehe ich nicht wählen.

Fühlst du dich von den etablierten Parteien betrogen?

Da ich ja nicht wählen gehe, kann ich auch nicht sagen, dass ich mich von irgendeiner Partei betrogen fühle, sondern von Allen! Es hat noch keine Partei geschafft, das umzusetzen, was sie in ihren Wahlprogrammen immer so großartig erzählen! Den Herren Politikern geht es einzig und alleine um ihr eigenes Leben und ihren Diäten!

Was würdest du ändern, wenn du in der richtigen Position sitzen würdest?

Wenn ich in der richtigen Position sitzen würde, dann gäbe es keine Diäten-Erhöhung, sondern Geld für Einrichtungen, die es wirklich brauchen!

Was in Hamburg gefällt dir am besten?

In Hamburg gefällt mir am besten, dass jeder Stadtteil eigentlich für sich ist und man gar nicht merkt, dass man in einer Millionenstadt wohnt. An jeder Ecke ist ein Park.

Welcher Teil Hamburgs gefällt dir überhaupt nicht?

Der Hauptbahnhof und der Rest darum gefallen mir nicht so gut. Da ist es immer noch viel zu dreckig für so eine schöne Stadt wie Hamburg!

Vielen Dank für das Gespräch – und alles Gute für deine Pläne!

Jörn Daberkow

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